Auf der Welt passieren täglich Dinge, die außerhalb unseres menschlichen Fassungsvermögen stehen. Sie liegen außerhalb der natürlichen Vorstellungskraft, zu was ein Mensch im Stande sein könnte. Vielleicht ist es manchmal gut, dass manche Taten medial keine Erwähnung finden. Durch soziale Medien und Onlinemedien kann eine unzügelbare Angst geschürt werden, die sich unglaublich schnell verbreitet. Es ist wie ein Strohfeuer. Live-Videos und weitere relativ neue Formen der Berichterstattung zeigen ein neues Bild von Terror und vielleicht wäre es besser, wenn wir dieses Bild nicht tagtäglich vor Augen geführt hätten.

Terrorismus als neue, große Angst der Deutschen?

Terrorismus selbst ist kein Strohfeuer, denn diese Form des Terros bedroht täglich wehrlose Menschen – nicht nur in Nizza, Paris, sondern auch in Orten, die niemals eine Erwähnung in einem Medium finden werden. Menschen sterben schuldlos und es bleibt eine Lücke in irgendeiner Familie, irgendwo. Die Ausrede, dass diese Ereignisse weit entfernt geschehen, gilt schon lange nicht mehr. Aller spätestens seit den Anschlägen in Paris, nimmt Terrorismus für die Allgemeinheit eine neue Rolle ein. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Angst vor Terrorismus in repräsentativen Umfragen aktuell auf dem ersten, traurigen Platz liegt. Ebenso traurig ist auch, dass direkt danach in den meisten Fällen die Flüchtingsdebatte folgt. Es scheint fast, als wäre die Angst vor terroristischen Anschlägen völlig unvorbereitet hereingebrochen. Aber nein, das ist sie nicht – sie hat neue Bilder. Wir vergessen oft, dass terroristische Anschläge schon vor vielen Jahren in Europa ankamen: Utöya, London und Madrid. 1980 tötete eine Bombe im Bahnhof von Bologna fast 100 Menschen. Neunzehnhundertachtzig!!! Hast du davon jemals schon etwas gehört oder gelesen?

Medienmenschen

Auf allen möglichen Portalen lassen sich Zusammenfassung aller terroristischen Anschläge auf französischen Boden finden.  Neben Tag, Ort und Geschehnis wird immer auch die Opferzahl genannt. Meist beginnen diese Artikel im Jahr 2015. Ich würde den Redakteur am liebsten durch meinen Bildschirm hindurch schütteln! Ein grausames Bild folgt auf das nächste. Es tut mir nicht leid, dass ist meine ganz persönliche Meinung: Einige dieser Bilder sind vollkommen pietätlos. Die Verpixeln macht das nur scheinbar besser. Das Bild bleibt was es ist. Ich bin Native Speaker in Bezug auf Onlinemedien, wie man es heute so gerne ausdrückt. Ich bin in dieser Welt aufgewachsen und in sie hineingewachsen. Ich habe Medienwissenschaften studiert, kenne die Kraft eines Bildes. Ich verstehe auch, dass ein grausames Bild aufrütteln kann. Es kann hellhörig machen und auf ein tiefgreifendes Problem hinweisen. Wenn ich an die ersten Fotos von unmenschlich überfüllten Schiffen, die auf europäische Häfen steuern, dann sehe ich einen Sinn. Aber ich sehe keinen Sinn darin, diese Bilder immer, immer und immer wieder zu zeigen.

Horrormeldungen live

Am Wochenende hatte ich eine Gespräch mit meinem Freund. Es ging um die vielen Live-Mitschnitte der Anschläge in Nizza. Mein Freund versuchte mich zu beruhigen, denn ich regte mich darüber auf, solches unermessliches Leid mit der Kamera festzuhalten. Er meinte darauf hin, dass das ein Reflex wäre. Damit spielte er darauf an, dass die Menschen noch das Feuerwerk filmten und dann quasi zum LKW umschwenkten. In dieser Situation hat er wahrscheinlich recht. Ich finde jedoch, dass das Zeigen von Toten und Qualen generell zum Reflex wird. Es scheint normal, grausame Szenen live zu zeigen. Im Gegensatz zum Foto überschreiten diese Videos noch deutlicher eine Grenze. Der Zuschauer wird in den Moment katapultiert, erlebt ihn mit und nach. Was ist das Ergebnis eines solchen Miterlebens? ANGST!

Ich hoffe, dass es nie selbstverständlich wird, die Kamera auf etwas zu richten, statt das Leben von sich oder anderen zu retten. Ich würde mir wünschen, dass keine Liveticker zu aktuellen Horrormeldungen mit unsicheren Quellen veröffentlicht werden, die eigentlich nur Vermutungen sind und trotzdem unsagbar Angst machen. 

 

Ich hoffe, dass euch dieser ernste Beitrag nicht abschreckt und freue mich über eure persönliche Meinung.

Julia