Manchmal lerne ich den neuen Partner von Freundinnen kennen und weiß schon alles, bevor er überhaupt ein Wort gesagt hat. Warum? Ich kenne die Kennenlerngeschichte bis ins kleinste Detail und weiß auch schon, wo die ersten Streitpunkte liegen. Es ist als hätte ich eine andere Sicht auf die Dinge als die beiden Frischverliebten. Wahrscheinlich ist es genauso und deswegen würde ich in manchen Fällen gerne laut „Nein“ rufen. Aber aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das absolut sinnlos ist.

Das erste Kennenlernen

Deswegen sitze ich lächelnd am Tisch und gehe immer wieder die Worte durch, die ich nach dem Kennenlernen sagen werde: Sehr sympathisch, aber… Es kommt mir schwer über die Lippen und ich sehe die umgekehrte Konstellation vor mir. Ich weiß, dass ich ein „Er passt überhaupt nicht zu dir“ nicht akzeptiert hätte. Stattdessen hätte ich mich noch mehr in die Beziehung gestürzt. Leider kann man niemanden vor diesen Erfahrungen schützen, denn sie gehören dazu. Immerhin ist man im Nachhinein schlauer. Mit diesem Gedanken rede ich lächelnd weiter und weiß, dass ich da sein werde, egal was der Kerl falsch machen wird. Und ich werde niemals sagen, dass ich es von Anfang an gedacht habe.

Einige Monate später

Ich würde gerne helfen, aber ich kann es nicht. Inzwischen weiß ich nicht mehr, wer mir mehr leid tut. Sie wollen es zu sehr, zu viel in kurzer Zeit. Vielleicht um darüber hinweg zu täuschen, dass es eigentlich nicht passt. Als Außenstehender ist das leicht gesagt. Aber als Paar erkennt man das erst viel später. Unglücklich Single oder unglücklich vergeben? Man redet sich ein, dass das einen großen Unterschied macht. Man ist nicht allein, keine langweiligen Dates und keine Suche nach dem großen Glück. Manchmal kann es wirklich so funktionieren und auch auf dieser Grundlage entsteht etwas Großes. Aber was wenn nicht?

Der letzte Schritt

Nichts ist schwieriger als aus seiner Routine auszubrechen. Deswegen fällt jede Trennung schwer und anfangs scheint die Welt zusammenzubrechen. Sie setzt sich wieder zusammen, langsam und Stück für Stück. Es ist eigentlich immer dasselbe, denn im Nachhinein weiß man, dass es richtig war. Bevor man an diesem Punkt ankommt, will man minütlich zurück. Dann doch nicht. Einerseits ist man froh den Schritt gegangen zu sein, aber andererseits bereut man ihn mehr als alles andere. Als Freundin habe ich immer ein offenes Ohr. Ich höre mir stundenlang an, wie toll es doch war. Jetzt ist meine Aufgabe deutlich zu machen, dass es leider nicht so war. Gerne würde ich ihr den Spiegel vorhalten. Ich möchte sie an Situationen erinnern, die genau umgekehrt waren. Sie sagt schlaue Dinge, ich glaube ihr nicht. Ich flüchte mich immer in die Illusion der perfekten, verlorenen Beziehung. Das Ende der Geschichte ist, dass wir beide etwas gelernt haben: Über Beziehungen, über Dates, über das erste Kennenlernen und auch über uns.

Unglücklich Single

Es macht einen Unterschied unglücklich Single oder unglücklich Vergeben zu sein. Wenn man Single ist, kann man sein Glück selbst steuern. Man kann es finden oder zerstören, aber man hat es in der Hand. Dafür lohnt sich ein Sprung ins eiskalte Wasser – ganz allein. Naja, das stimmt nicht, denn ich werde an deiner Seite sein.

 

 

Eure Julia